Der DAX in akuter Gefahr

Der DAX in akuter Gefahr

Es ist mittlerweile gut ein Vierteljahr her, da habe ich eine Kolumne zur Entwicklung des deutschen Aktienindex geschrieben. Der Titel lautete „Die große Flatter oder die Frage, wann der DAX auf 8.000 fällt“. Ich habe daraufhin eine Menge Zuschriften und Anrufe bekommen, ob ich das wirklich ernst meine. Gut, es waren auch ein paar härtere Formulierungen darunter, als würde der DAX – voodoomäßig – auf meine Ängste reagieren oder so. Bloß nicht dran rühren, das wird schon wieder.

Ich fürchte, das wird es eben nicht. Mittlerweile sind wir der Marke von 10.000 Indexpunkten schon recht nahe gekommen und es gibt nach wie vor jede Menge Störfeuer, die auch positive Aspekte deutlich überlagern können.

Das gilt sowohl aus tagesaktueller wie auch aus strategischer Sicht. Positiv wird etwa am heutigen Mittwoch zur Kenntnis genommen, daß die Brexit-Verhandlungen offenbar in eine positive Richtung laufen, also eine Einigung wohl bald in trockenen Tüchern sein könnte. Die eigentlich gute Nachricht wird aber schon wieder erschlagen durch die Weigerung der italienischen Regierung, den von der EU-Kommission zurückgewiesenen Haushaltsentwurf zu ändern. Und was macht der DAX mit diesem Mischmasch gut/schlecht? Er fällt.

Strategisch wie geopolitisch steht weiß Gott nicht alles zum Besten. Es ist das genaue Gegenteil dessen. Der Protektionismus ist längst in den nationalen Volkswirtschaften angekommen, wie die sich häufenden Gewinnwarnungen (auch) bei deutschen Unternehmen zeigen.

In den USA ist die Zinswende bereits eingeleitet, in China kämpft die Staatsführung darum, eine Wachstumsschwäche zu verhindern, ob ihr dies gelingt, ist zwar zu hoffen, gleichwohl fraglich. Und dann noch diese ganze Großmannssucht Trump vs Putin vs Erdogan, die auch nicht zu einer Beruhigung der Lage beiträgt. Und in Europa haben wir erst recht auch noch genug Probleme. Brexit, Italien, Zinswende.

Aber hallo. Da gibt es genügend Stimmen, die wegen Donald Trumps großzügiger Steuerreform den Börsen positive Aussichten vorhersagen. Die Argumentationskette geht so. US-Unternehmen profitieren besonders von der Steuerreform, deswegen steigen deren Kurse, und die anderen Börsen hierzulande ziehen nach, weil, wenn es Amerika gut geht, geht es auch Europa gut.

Leute, Leute. Die Argumentation ist bestenfalls nur teilweise richtig und wenn, dann in eine ganz andere Richtung. Wenn es schlecht läuft an den US-Börsen, dann läuft es auch schlecht an unseren Finanzmärkten. Das ist eine historische Erfahrung, an der ich auch für die Zukunft nicht zweifle.

Aber warum sollte es an der amerikanischen Börse schlecht laufen? Richtig, exakt wegen der Trump´schen Steuerreform. Die wurde zwar den Wählern verkauft, daß sie die Investitionstätigkeit der Unternehmen ankurbele, die Produktivität erhöhe und letztendlich zu steigenden Lohnen führe.

Pustekuchen. Die aus der Steuerreform gewonnene Liquidität wird von den Unternehmen in Wahrheit zu großen Teilen für Aktienrückkäufe verwandt. Im ersten Quartal waren es 234 Milliarden Dollar, im zweiten schon 437 Milliarden Dollar. Für mich sind exzessive Aktienrückkäufe ein erstklassiger Indikator für das Ende einer Aktienhausse. Eigentlich erstaunlich, daß diese Tatsache von den schreibenden und kommentierenden Kollegen kaum aufgegriffen wird.

Fazit: Der DAX ist in akuter Gefahr. Warm anziehen ist gut. Und das nicht nur wegen des kommenden Winters. Sondern wegen drohender Börsenstürme.

Bleiben Sie mir gewogen, ich bin es auch.

Über Anregungen für Themenvorschläge freue ich mich sehr.

Stets, Ihr
Reinhold Rombach
„Börsebius“