Chartanalyse: Bloße Kaffeesatzleserei oder warum die alle Löcher in den Schuhen haben

Chartanalyse: Bloße Kaffeesatzleserei oder warum die alle Löcher in den Schuhen haben

Guten Tag allerseits. Letzte Woche rief mich ein Leser an und berichtete mir von einem Gespräch bei seinem Bankberater und dessen Faible für die Chartanalyse. Spätestens als der gute Mann mit wichtiger Miene verkündete, die von ihm geliebte Aktie habe eine „so wichtige“ Unterstützungslinie gehalten und somit ein starkes Kaufsignal geliefert, war es um die Widerstandskraft des Kunden geschehen. Solchen harten Fakten hatte er nichts mehr entgegen zu setzen und stimmte somit dem Kauf des Wertes zu.

Das sind mitnichten keine Einzelfälle. Gerade Anlagerberater neigen nach meiner Erfahrung dazu, ihre Kunden mit diesem Knuddelwissen der Chartanalyse zu beeindrucken, sie mit Kopf-Schulter-Formationen, Zweihunderttagelinien und irgendwelchen Aufwärts- und Abwärtskanälen zu überzeugen und so zu signalisieren, sie könnten dem Markt oder einzelnen Titeln tief ins Innerste sehen. Der Kunde ist mächtig beeindruckt und denkt, na, wenn der das alles so weiß, soll er mal den Titel kaufen.

Und zu allem Unglück habe ich eben auch noch die neueste Ausgabe der Börsen-Zeitung vor der Nase, die der „technischen Analyse“ einen breiten Platz einräumt. Da steht etwa der tiefschürfende Satz „Die gegenwärtige Stabilisierung im Dax stimmt hingegen die Bullen versöhnlich“. Dafür an anderer Stelle das genaue Gegenteil. „Festzuhalten ist also, daß der Dax aufgrund der Verkaufssignale (Ausbruch aus zwei Dreiecken, Bruch der 12100) negativ zu bewerten ist“.

Nachdem ich den Artikel gelesen habe, weiß ich, das Wetter ändert sich oder es bleibt, wie es ist. Oder anders herum, jeder holt sich das raus, was er braucht, um seine eh schon vorgefertigte Meinung zu bestätigen. Zu allem Unglück stand der Artikel auf Seite 13 der Börsen-Zeitung, was charttechnisch bestimmt irgendeine Bedeutung hat. Muß ich noch mal nachlesen.

Was sagt denn die Wissenschaft zur Chartanalyse? Ehrlich gesagt nicht viel. Eher nichts. Also zu der Frage, ob die Chartanalyse oder Technische Analyse irgendetwas bringt. (Die technische Analyse berücksichtigt ausschließlich Vergangenheitsdaten, Kurshistorien und Handelsvolumina und glaubt, hier irgendwelche Muster erkennen zu können). Seit Jahren, ach was sage ich, seit Jahrzehnten bin ich immer wieder auf der Suche, ob es neue Erkenntnisse gibt. Kurzum: Es gibt sie einfach nicht.

Jetzt mal ehrlich. Ich persönlich kenne wirklich keinen erfolgreichen Chartanalysten. Die haben, glaube ich, alle Löcher in den Schuhen. Reich geworden ist mit Aktiengeschäften von denen noch keiner. Außer die, die schlaue Bücher darüber verfassen.

Bleiben Sie mir gewogen, ich bin es auch.

Über Anregungen für Themenvorschläge freue ich mich sehr.

Stets, Ihr
Reinhold Rombach

„Börsebius“