Wirecard, was nun?

Wirecard, was nun?

Ein wunderbares Beispiel für ein Luxusproblem ist die Aktie der Wirecard AG. Jedenfalls für mich im Moment. Ich habe den Titel nun schon vor geraumer Zeit noch zu Kursen um 60 Euro in meine TopTen Masterliste aufgenommen und den Mut gehabt, das Kursziel immer wieder nach oben zu verändern. Die Aktie hat aber nach wie vor keine Hemmungen, auch das letzte aktuelle Kursziel von 200 Euro in den nächsten Tagen zu erreichen oder gar zu überschreiten, was sage ich, zu überspringen. Wohl dem, der ein solches Luxusproblem hat, zu überlegen, wann denn nun Schluß ist mit dem Sturmlauf.

Auf der anderen Seite bekomme ich viele Zuschriften mit der Frage, ob denn jetzt noch ein Einstieg in Wirecard lohne, verbunden mit den ganzen Börsensprüchen „nicht auf einen fahrenden Zug aufspringen“ oder aber „Gewinne muß man laufen lassen“, deren Weisheit sich erst nach einiger Zeit ergründen lässt. Was richtig war oder falsch, nämlich halten, gar zuzukaufen oder verkaufen, läßt sich halt leider erst im Nachhinein bejubeln oder erleiden. Wegen alledem möchte ich Sie sehr gerne an meinen Überlegungen, aber auch Zweifeln teilhaben lassen.

Also: Nur noch wenige Tage, dann wird der Online-Zahlungsanbieter Wirecard voraussichtlich an Stelle der Commerzbank in den erlauchten Kreis der 30 DAX-Werte aufrücken. Ich gehe davon aus, daß die Börse im aktuellen Kurs diese „Beförderung“ schon vorweggenommen hat. Mehr oder weniger wenigstens. Auf der anderen Seite müssen dann viele institutionelle Anleger, darunter natürlich alle DAX-abbildenden Indexfonds den Titel wegen der Indexzugehörigkeit kaufen. Und zwar, ob sie wollen oder nicht. Schlicht und einfach wegen der DAX Mitgliedschaft.

Dennoch bleibt die spannende Frage, was nun, Wirecard? Ist das jetzt ein neuer Börsenstar (bisher ja!) vergleichbar einer SAP oder irgendwann ein lahme Ente wie MLP, die es nur kurze Zeit in den DAX schaffte und dann wieder rausflog.

Und im Moment ist es auch so, daß, je höher die Aktie steht, desto mehr Finanzanalysten von Wirecard begeistert sind und die Aktie in ihre Kauflisten aufnehmen. Ja, in der Tat sind die Wachstums- und Gewinnperspektiven atemberaubend, aber die Aktie ist halt mittlerweile auch schon sehr teuer. Wer sich mit KGV´s (Kurs-Gewinnverhältnis) auskennt, mag selbst beurteilen, ob ein KGV von 60 auf Basis des Gewinns für 2018 für Wirecard hoch ist oder schon zu hoch.

Gar keine Frage, der Markt in dem Wirecard unterwegs ist, also ecommerce und elektronische sowie mobile payments, wird in den nächsten Jahren überdurchschnittlich stark wachsen. Das ist für Wirecard gut. Schlecht ist aber auch, daß die Konkurrenz (Adyen und Worldline) nicht schläft und, soweit ich weiß, die Technik von Wirecard kein Alleinstellungsmerkmal (USP) aufweist. Ein weiteres Problem ist, daß Wirecard immer noch als Mittelständler organisiert ist, obwohl eine andere Unternehmensstruktur dringend vonnöten wäre.

Fazit: Die Luft ist für die Wirecard Aktie ziemlich dünn geworden. Gut, ich habe das Gefühl, daß Wirecard durchaus ein Übernahmekandidat ist. Aber ob das reicht, den Titel zu halten? Ich würde keine Wetten darauf eingehen, daß die Aktie noch lange in meiner Börsebius TopTen Masterliste verbleibt. Was mir noch fehlt, ist die zündende Idee, wer dann nachrückt. Aber es brodelt bereits.

Bleiben Sie mir gewogen, ich bin es auch. Über Anregungen für Themenvorschläge freue ich mich sehr.

Stets, Ihr
Reinhold Rombach
„Börsebius“